Interview

Refraktor (#15, Mai/ Juni 2000)

Überrascht war ich von diesem selbstgebrannten Silberscheibchen "The Door To The Other Side" welches mit handgebasteltem CD-Cover den Weg zu mir fand. Als ich dann erfuhr, dass es sich bei dieser Band um ein Ein-Mann-Projekt handeln sollte, wurde meine Neugier erst recht geweckt und so entschloß ich mich, einmal bei Carsten Lutter, dem "Jung' für alles", nachzuhaken...
Auf die Idee Andabata zu gründen bin ich im Januar '98 gekommen. Das Ganze passierte aus zweierlei Gründen. Erstens habe ich meistens zwei oder drei Bands gleichzeitig und zweitens wollte ich schon immer die Songs aufnehmen, die sonst zu keiner anderen Band passen. "With Hate In My Eyes" ist z.B. schon fünf Jahre alt.
Die Frage, warum Andabata denn unbedingt ein Soloprojekt werden mußte, lässt sich auch ganz einfach beantworten:
Zweibrücken ist nicht unbedingt eine Metalprovinz und so ist es gar nicht so einfach ein paar Gleichgesinnte zu finden um ein vollständiges Lineup zusammenzubasteln.

Es gibt hier keine "Metalgemeinde". Im Umkreis von 60 - 70 km findet man keine richtige Metalkneipe und Metalbands gibt es nur noch zwei oder drei Stück. Deshalb ist es schwierig, überhaupt Kontakt zu Leuten herzustellen, die Metal hören. Für Entera (Carstens seit fast 10 Jahren bestehende Hauptband - Anm. d. Verf.) habe ich ein halbes Jahr gebraucht, um einen Gitarristen zu finden und ein Drummer ist bis heute nicht gefunden. Die Metalszene ist bei uns praktisch tot. Zu Konzerten kommen auch höchstens 20 Nasen, egal ob die Band schon fünf CD's herausgebracht hat oder gerade mal seit einem Tag existiert.
Tja, demnach wird der Carsten dann wohl auch weiterhin alle Instrumente selbst einspielen müssen, wie es bei Andabatas Debüt-CD "The Door To The Other Side" der Fall war.
Was zukünftig mit Andabata geschieht kann ich noch nicht genau sagen. In erster Linie hängt das natürlich von Entera ab, die für mich Priorität besitzt. Wenn ich einen Drummer für Entera gefunden habe, steht Andabata an zweiter Stelle. Aber ich möchte mit Andabata auf jeden Fall auch Live spielen.
Was wohl alleine nicht so leicht zu realisieren wäre, denn wie soll eine einzelne Person gleichzeitig singen, zwei verschiedene Bässe spielen u nd nebenei noch die Drums bedienen?! Ohne "technische Hilfsmittel", denen Carsten laut Inlay sehr feindlich gegenübergestellt ist, ist dies ja nicht mal ansatzweise möglich.
Als technische Hilfsmittel sehe ich vor allem Harmonizer und den PC. Es gibt wahrscheinlich unzählige Sänger, die nicht in der Lage sind, Live genauso zu singen, wie es auf der CD zu hören ist. Ich findes es falsch dem Fan irgendwas vorzutäsuchen, was man nicht auch Live umsetzen kann. Ich höre z.B. Blind Guardian sehr gerne, aber Live waren sie leider sehr schlecht. Die bombastischen Chöre der CD waren nicht zu hören. Auch habe ich schon viele Bands im Studio gesehen, die das Schlagzeug nach dem Einspielen mit dem PC korrigiert haben. Ich finde jeder Musiker sollte in der Lage sein, ein Lieder am Stück fehlerfrei zu spielen.
Ein großer Freund von Keyboards scheint man aber auch nicht zu sein, obwohl diese bei vielen Bands einen wesentlichen Bestandteil der Musik darstellen. Abgesehen von einigen schlechten Black Metal Combos gibt es darunter doch auch herausragende Bands wie beispielsweise Emperor...
Viele Bands benutzen dieses Instrument nur dazu, einen Soundteppich zu legen. Eine Band sollte ihre Instrumente aber so einsetzen können, dass gar kein Soundloch entsteht. Wenn sie aber dennoch ein Keyboard einsetzt, dann sollte das auch als vollwertiges Instrument zählen. Bands wie Dream Theater setzen ein Keyboard sinnvoll ein.
Dass bei Andabata das eigentliche Standard-Instrument, die Gitarre, fehlt, scheint Carsten überhaupt nicht zu stören, im Gegenteil...
Die Gitarre vermisse ich auf keinen Fall, weil die Songs von Anfang an für zwei Bässe geschrieben wurden. Ich habe mal mit einem befreundeten Gitarristen versucht, die Stücke mit Gitarre und Bass zu spielen. Das Ergebnis war so schlecht, dass wir nach einer Stunde schon wieder aufhörten. Primär sehe ich mich als Basser/ Sänger was auch meinen Part bei Entera darstellt, nur sind die Vocals dort wesentlich deutlicher und melodischer.
Letzteres trifft für "The Door To The Other Side" wirklich nicht zu, denn hier wird nach allen Regeln der Kunst losgegrountet und gekreischt. Das Arrangement und die Komposition der Musik wirkt sehr experimentell, was in den einzelnen Stücken eine eigene Atmosphäre aufbaut und dem Gesamtwerk ein hohes Maß an Ausdruckskraft verleiht.
Den Stil von Andabata würde ich als eine Mischung aus Thrash/ Death und Black Metal bezeichnen. Das wichtiges an der Musik ist für mich, dass sie Anspruch hat. Die einzelnen Songs sollten nicht gleich klingen. AC/DC machen gute Platten, aber wenn man eine kennt, kennt man alle. Für mich persönlich ist Musik ein Medium, durch das ich meine Gedanken und Vorstellungen anderen Menschen zugänglich machen kann. Natürlich versuche ich damit auch die Zuhörer zum Nachdenken anzuregen, so dass sie über Themen wie Krieg, Rassismus und Umweltverschmutzung nicht nur reden, sondern sich auch mal dafür einsetzen und was dagegen tun.
Womit wir auch schon bei den Lyriks wären.
Ich will die Leute auf die negativen Seiten des Lebens aufmerksam machen, damit sie anschließend darüber nachdenken und hadeln. Die Lyriks sind für mich genauso wichtig wie die Musik selbst. Texte die Satan huldigen oder Gewalt befürworten kommen für mich nicht in Frage. Das Problem bei den Texten ist, dass man sie machmal so "hinbiegen" muss, dass sie danach schnell missverstanden werden. Bei Entera hatten wir mal einen Song gegen Nazis geschrieben, der durch das Anpassen der Lyriks an die Musik dann von vielen Leuten falsch verstanden wurde, so dass sie meinten, wir wären für Nazis. Deshalb werden die Texte nicht mehr im Booklet veröffentlicht, sondern nur noch Erklärungen zu den Stücken abgedruckt und Live wird jedes Lied angesagt.
Als der Name Andabata mir zum ersten mal begegnete, kam dieser mir doch recht exotisch vor, so dass ich nicht vermutet hätte, es hier mit einem solch technischen Death/Black/Thrash-Gemisch zu tun zu haben. Tja, hätte ich damals im Lateinunterricht besser aufgepasst, anstatt die etwas langsamere Auffassungsgabe unseres Lehrers schamlos auszunutzen und mir die Zeit mit meinem Walkman zu vertreiben, hätte ich vielleicht vorher gewusst, dass Andabata keine Bezeichnung für eine neue Bananensorte darstellt.
Andabata nannte sich ein Gladiator im Römischen Reich, der mit verbundenen Augen kämpfte. Im übertragenden Sinn könnte man das so sehen, dass eine Band auch "blind" kämpft. Man kann die Musik schließlich auch nur hören (lässt man Musik-Videos außen vor).
Dass der Gladiator in puncto Metal ein viel beschäftiger Mensch ist, beweisen seine weiteren Nebenprojekte.
Neben Andabata und Entera, die progressiven melodic Thrash fabrizieren, bin ich momentan noch in einer Punk-Rock-Band namens UFF DIE ZWÖLF tätig. Davor spielte ich parallel zu Entera noch in weiteren Bands: N.I.B. (Grind/ Noise Core), CORPSE GRINDING MACHINE (Grind Core), INFANTISIDE (Death Metal), CAEDES IN ABSOLOM (Death Metal), A.M.A. (Punk) und diverse andere Noise Core Bands, deren Namen mir leider entfallen sind.
Jedoch scheinen Entera und Andabata eine noch wichtigere Rolle in Carstens "Musikerleben" zu spielen, was die Veröffentlichungen seines "Hard-Stuffs" zeigen.
"The Door To The Other Side" ist die erste CD, die ich gemacht habe. Mit Entera haben wir '93 eine Demo EP namens "Crossing" veröffentlicht. Von A.M.A. und Corpse Grinding Machine gibt es auch jeweils ein Demo und natürlich von diversen Noise Core Projekten, die aber getrost vergessen werden können..."
So vielfältig die Stile seiner Nebenprojekte ist, so "bunt" gemischt sind auch seine musikalischen Vorlieben die von Bands wie Death, Morbid Angel, Cannibal Corpse oder Venom bis hin zu Annihilator, Acept, Maiden oder Blind Guardian reichen und sogar Klassik oder alten Queen Platten, die vor 1980 erschienen sind, ist Carsten nicht abgeneigt.
Die Ziele für Andabata sieht er klar vor Augen:
Musiker finden und Gigs spielen. Dann eine weitere CD.
Sollte sich da nun ein Drummer oder Klampfer Nähe Zweibrücken angesprochen fühlen: Die Anschrift findet ihr unten angegeben.
Bevor ich das Wichtigste eines jeden Refraktor-Interviews vergesse, Micha, - der Carsten hat mir natürlich auch sein Lieblingsessen verraten...

Ich bin "fast" Vegetarier. Mein "Lieblingsessen" sind Chips.
Last but not least, eine message of metal für alle die mit gutem Musikgeschmack unter euch, he he...
Ich hoffe, dass sich die Metalszene wieder mehr dem Underground zuwendet und dass ein Zine wie Refraktor mehr unterstützt wird.
Na also, ihr habt's gehört! Groupies, Pizzaservice, Musiker und CD-Besteller ("The Door To The Other Side" gibt's für 20 DM inkl. P&V) senden ihre Post an:
Andabata. C/O Carsten Lutter ...

Sandra Ternes